Samstag, 24. August 2024

Stille Wasser: Vom Ende einer Sommernacht in Südfrankreich von Thomas Pyczak - Rezensionsexemplar

In der malerischen Landschaft Südfrankreichs begeben sich Isabel und Max auf eine Reise mit einem Hausboot. Anlässlich Isabels sechzigstem Geburtstag erhalten sie Besuch von ihrem Sohn Sebastian und dessen neuer Freundin Lea.

An einem abgelegenen Ankerplatz beschließt die Familie, ein Gesellschaftsspiel zu spielen, das mehr als nur Unterhaltung verspricht. Die Regeln sind einfach, aber tiefgreifend: Jeder Teilnehmer muss die Fragen auf den Spielkarten ehrlich und offen beantworten.

Was als unschuldiger Zeitvertreib beginnt, entwickelt sich schnell zu einem Spiel voller brisanter Enthüllungen und gefährlicher Spannungen. Ein Spiel, das schnell außer Kontrolle gerät und die familiären Beziehungen untereinander und miteinander auf eine harte Probe stellt.

Der Autor gewährt uns Lesern einen Wissensvorsprung gegenüber den Protagonisten, indem er uns einen Einblick in Leas Gedanken gibt und Nachrichten einbaut, die Lea an eine unbekannte Person schreibt. Und genau dieser Vorsprung macht die Geschichte so interessant, denn Lea spielt ein doppeltes Spiel.

Der Schreibstil ist flüssig, Thomas Pyczak verbindet geschickt die Geschehnisse, die auf dem Schiff sowie die Reise mit dem Schiff zu einer spannenden Geschichte. Auch die Eigenarten der einzelnen Charaktere sind gut herausgearbeitet.

Das Schicksal von Max war für mich aber etwas unbefriedigend, ich hätte mir für Max ein anderes Ende gewünscht, vielleicht "etwas offener".

Fazit

Eine Schifffahrt die ist lustig, eine Schifffahrt die ist schön, oder eben auch nicht! Es kommt drauf an, wer einen begleitet.



Dienstag, 13. August 2024

Robur der Eroberer von Jules Verne - Vorstellung

"Robur der Eroberer" von Jules Verne, ist ein Abenteuerroman, der erstmals 1886 veröffentlicht wurde. Der Roman erzählt die Geschichte von Robur, einem genialen, aber auch rücksichtlosen Erfinder, der ein revolutionäres Fluggerät namens "Albatros" entwickelt und gebaut hat.
Die Geschichte beginnt in Philadelphia, wo das Weldon-Institut, ein Verein von Luftschiff-Liebhabern, über den Bau eines lenkbaren Luftschiffes diskutiert, als plötzlich Robur, in eine ihrer Sitzungen platzt und behauptet, dass er bereits ein solches Fluggerät gebaut hat. Dies führt zu einem heftigen Streit, und Robur entführt schließlich den Präsidenten des Vereins, Onkel Prudent, sowie den Sekretär Phil Evans und dessen Diener Frycollin auf sein Fluggerät.
Der Roman behandelt Themen wie Fortschritt der Technik, die Macht des menschlichen Erfindungsgeistes und die ethischen Frage, wie man gewissenhaft mit neuartigen Erfindungen umgeht.
Mir hat die Figur Robur sehr gut gefallen. Da er sehr komplex ist und sowohl als Visionär als auch als Antagonist gesehen werden kann, der zum Ende hin sein eigenes Handeln überdenkt. Der Text lässt sich wunderbar lesen und ist einfach zu verstehen und spannend.
Ich finde es faszinierend, wie Jules Verne es schafft, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen seiner Zeit in spannende Abenteuerromane zu packen, so wie es ihm auch hier wieder gelungen ist. In meinen Augen hat das Werk sicherlich Einfluss auf die Entwicklung der Science-Fiction-Literatur.

Mehr von Jules Verne

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Montag, 5. August 2024

Das Buch (Dinge des Lebens) von Jochen Jung – Rezensionsexemplar

 Jochen Jung ist eine der prägendsten Persönlichkeiten im Bereich der Bücher. Über mehrere Jahrzehnte hinweg hat er nicht nur Bücher gelesen, sondern hat auch als Lektor und Verleger am Entstehungsprozess eines Buches teilgenommen und sogar selbst geschrieben. Mit einem feinen Gespür hat er literarische Talente entdeckt und sich leidenschaftlich der Sprache und der Literatur gewidmet. Was definiert unser Zusammenleben? Welche Themen werden auf Papier gedruckt und wie erreichen sie uns Leser? Jochen Jung teilt seine persönlichen Erfahrungen mit dem gedruckten Buch.

Das Buch erscheint in der Reihe „Dinge des Lebens“ und soll dem Leser „Alltägliche Dinge“ aus einem anderen Blickwinkel näherbringen.
Was ich leider etwas beanstanden muss, ist der Preis. Das gedruckte Werk hat nur 64 Seiten und kostet neu 15 Euro. Das finde ich etwas zu viel. Aber der Leser bekommt dafür ein Werk, das liebevoll gestaltet wurde und als Teil der Reihe das Herz eines bibliophilen Menschen höher schlagen lässt.
Fazit: Eine Liebeserklärung an das physische Buch.

Sonntag, 4. August 2024

Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki von Haruki Murakami

In Haruki Murakamis Roman „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“ wird die Geschichte von Tsukuru Tazaki erzählt, einem jungen Mann, der sich als Außenseiter in seiner engen Freundesgruppe empfindet. Diese Gruppe besteht aus fünf Mitgliedern, die alle eine Farbe in ihrem Namen tragen, während Tsukuru sich selbst als „farblos“ wahrnimmt.


Nach dem Abschluss der Oberschule verlässt Tsukuru seine Heimatstadt Nagoya, um in Tokio zu studieren. Trotz der räumlichen Trennung bleibt die Freundschaft zunächst bestehen. Doch als Tsukuru eines Sommers voller Vorfreude nach Nagoya zurückkehrt, wird er von seinen Freunden plötzlich und ohne Erklärung gemieden. Seine wiederholten Versuche, Kontakt aufzunehmen, bleiben erfolglos, bis er schließlich einen Anruf erhält, in dem ihm mitgeteilt wird, dass er sich fernhalten solle, da er den Grund dafür kenne. Diese unerwartete Zurückweisung stürzt Tsukuru in eine tiefe Krise.

Jahre später, inzwischen 36 Jahre alt, vertraut Tsukuru seiner neuen Freundin Sara seine Vergangenheit an. Sara ermutigt ihn, die Gründe für den Bruch mit seinen Freunden zu erforschen.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und obwohl nicht alle offenen Fragen geklärt werden, finde ich das Buch sehr inspirierend. Der Autor gibt uns im Laufe der Geschichte mehrere Lösungsansätze an die Hand, die wir annehmen können, oder wir machen uns unser eigenes Bild.

Die Sprache ist sehr bildhaft, seien es die einzelnen Szenarien oder die Landschaft: Es entstehen automatisch Bilder beim Lesen.

Fazit: Eine literarische Pilgerreise, bei der Musik eine große Rolle spielt.

Samstag, 3. August 2024

Alles, was wir geben mussten von Kazuo Ishiguro - Rezension

Das Internat Hailsham präsentiert sich zunächst als ein idyllischer Ort im Herzen Englands, mit weitläufigen Sportanlagen und einladenden Klassenzimmern, wo Jungen und Mädchen in separaten Schlafgemächern untergebracht sind. Doch Hailsham ist kein gewöhnliches Internat. Hinter der Fassade der Normalität verbirgt sich eine ungewöhnliche Realität:

Die Lehrkräfte, die hier nicht Lehrer, sondern Aufseher genannt werden, vermitteln den Schülern, dass sie für ein außergewöhnliches Schicksal vorgesehen sind. Diese tief verwurzelte Überzeugung bildet das Band, das Kathy, Ruth und Tommy durch die turbulenten Zeiten der Pubertät und die Irrungen und Wirrungen der ersten Liebe zusammenhält. Doch schon bald beginnt das Band sich zu lösen, und die Gruppe muss sich ihrem auferlegten Schicksal stellen. Als Leser erhalten wir von Kathy, die noch nicht einmal 30 Jahre alt ist, einen Einblick in ihr Leben als Betreuerin und ihre Jugend in Hailsham. Kathy steht kurz davor, selbst bald Spenderin zu werden, und genau dieser persönliche Einblick macht das Buch so spannend. Anfangs hatte ich Probleme, in die Geschichte zu kommen, da ich mit dem „Spenden“ und drum herum nichts anfangen konnte und was es letztendlich bedeutet, war aber dann völlig gefesselt. Der Autor schafft es, obwohl wir das Ende schon früh erahnen können, die Spannung und das Drama bis zur letzten Seite aufrecht zu erhalten. Ich persönlich liebe Bücher, die einen zum Nachdenken anregen und dieses Buch schafft genau das. Die Geschichte bleibt im Kopf und wirkt nach. Was ich ein wenig bemängel, ich hätte gerne mehr über die Gesellschaft und die Hintergründe des "Spendens" erfahren.

Fazit: ein Coming of Age Roman, der in einer besonderen Umgebung und Setting spielt und den man nicht so schnell vergisst.

Freitag, 2. August 2024

SIGNED: Unterwegs mit der 1UP-Crew und Moses & Taps von Larissa Kikol - Rezensionsexemplar

Larissa Kikols Buch „Signed“ zeichnet ein fesselndes Bild der Graffiti-Szene und ihrer Protagonisten in und um Berlin. Die Autorin begleitet die international renommierten Künstler 1UP und Moses & Taps auf ihren nächtlichen Streifzügen und beleuchtet dabei den oft schmalen Grat zwischen kreativer Energie und politischem Aktivismus auf der einen und strafbaren Handlungen auf der anderen Seite, die diese Kunstform prägen.
Die Autorin beschreibt packend die einzelnen Aktionen der Sprayer und nimmt uns mit auf einen Blick hinter die Kulissen einer pulsierenden Szene, die professionell agiert.

Ich persönlich habe meine Meinung zum Thema Graffiti geändert. Früher waren es für mich oft sinnlose Schmierereien, inzwischen sehe ich sie als eigenständige Kunst und zudem als Mittel des Protests, um Machtverhältnisse zu hinterfragen und gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen.
Larissa Kikol zeichnet ein vielschichtiges Porträt der Graffiti-Szene und ihrer Akteure, die tiefe Einblicke in ihre Motivationen und Lebenswelten gewähren.

Was ich ein wenig vermisst habe, sind mehr kritische Stimmen zum Thema Graffiti, auch in Bezug auf Gesundheit, Umwelt und Strafverfolgung etc.

Fazit: Graffiti ist Kunst und bringt Farbe in unsere oft grauen Städte. Ein interessantes Werk zu einer unterschätzten Kunstform.



Dienstag, 2. Juli 2024

Wie das Wetter Geschichte macht von Ronald D. Gerste - Hörbuch

Der Autor Ronald D. Gerste entfaltet in seinem Werk "Wie das Wetter Geschichte macht" eine faszinierende Perspektive auf die Macht der Natur über den Menschen. Mit Finesse zeichnet er nach, wie Hitzeperioden, eisige Kälte und gewaltige Sturmfluten nicht nur die Lebensumstände, sondern auch die Geschichte der Menschheit maßgeblich beeinflusst haben.

In einer Reise durch die Zeitläufe offenbart der Autor, dass die Geschichte der Menschheit untrennbar mit den Launen des Wetters verwoben ist. Er beleuchtet, wie sowohl schleichende Klimaveränderungen als auch abrupte meteorologische Ereignisse zu Wendepunkten in der menschlichen Entwicklung wurden. Das Hörbuch bringt eine neue Sichtweise in die Klimadebatte. Stellenweise wirkt das Buch aber etwas zu langatmig.

Der Sprecher Olaf Pessler schafft den geschichtlichen Kontext spannend und interessant vorzutragen.

Fazit: Ein interessantes Hörbuch, was jeder lesen oder hören sollte, der sich an der aktuellen Klimadebatte beteiligt.



Montag, 1. Juli 2024

Der Wald der verlorenen Schatten von Danbi Eo

Der Wald der verlorenen Schatten von Danbi Eo ist eine magische Fantasygeschichte über die Suche nach sich selbst. Hyoju eine junge Frau lebt ein einsames Leben, kaum wurde sie von ihrem Freund verlassen, verliert sie auch noch ihren Job.

Geplagt von rückständigen Mietzahlungen und Existenzängsten erfährt Hyoju, außerdem, dass ihre Großmutter gestorben ist, eine Frau, die sie niemals zuvor gesehen hat. Um etwas Abstand von ihrem trostlosen Leben zu bekommen, entschließt sie sich

in das Heimatdorf ihrer Großmutter zu reisen, dass an einem geheimnisvollen Wald liegt. Als Hyoju ausversehen diesen Wald betritt, verändert sich ihr Leben.

"Der Wald der verlorenen Schatten“ ist eine märchenhafte Geschichte, die versucht dem Leser einen Teil der koreanischen Kultur näherzubringen, was aber leider ohne Vorwissen nicht funktioniert. Es wäre schön gewesen, wenn manche kulturelle Gegebenheiten in einer Randnotiz oder später im Nachwort erklärt werden. Auch sprachlich wirkt das Werk etwas holprig, da gerade am Anfang die Passagen doch recht langatmig sind.

Fazit: Mit einem Grundwissen der koreanischen Kultur kann die Geschichte funktionieren.

Leider war mir die Magie des Werkes nicht zugänglich.

3 von 5 Schatten




Ihr wollt es dunkler von Stephen King - Rezensionsexemplar

Stephen Kings neuer Kurzgeschichtenband „Ihr wollt es dunkler“ enthält zwölf Geschichten, die unter anderem von einem Bestsellerautor handeln, der sein Erfolgsgeheimnis einem unheimlichen, überirdischen Wesen zuschreibt, einem Mann, der von einem Leichenfund träumt, oder einem Anwalt, der die Möglichkeit bekommt, für „kleines“ Geld Antworten auf jede von ihm gestellte Frage zu bekommen. (Hier musste ich sofort an Leland Gaunt aus Needful Things denken.)

Wir Leser erfahren auch, wie es Vic Trenton aus „Cujo“ nach dem Tod seines Sohnes erging.

Leider konnten mich am Ende nur zwei Geschichten überzeugen: einmal die bereits oben erwähnte Geschichte von dem Anwalt und „Die Träumenden“, in der ein Wissenschaftler versucht, hinter die Grenze zwischen Traum und Realität zu schauen. Gerade bei „Die Träumenden“ erkennt man, dass King sich von H. P. Lovecraft inspirieren ließ. Die anderen Geschichten sind in meinen Augen nichts Besonderes. Teilweise fehlt mir der Grusel, die Genialität oder einfach ein roter Faden, der uns aufzeigt, warum wir Leser „es dunkler wollen“. Es sind – bis auf die zwei, die mir richtig gut gefallen haben – ganz nette Geschichten, mehr aber auch nicht.

Fazit: Läutet King mit diesem Werk seinen Abschied ein? Dem König des Horrors fehlt es hier an Ideen und Genialität. Wir wollen es dunkler!

3,5 von 5 Sterne



Sonntag, 30. Juni 2024

Der Report der Magd von Margaret Atwood

Margaret Atwoods "Der Report der Magd" entführt uns in eine dystopische Vision der USA, umgeformt zur Republik Gilead – einem Ort, an dem Frauenrechte der Vergangenheit angehören und eine theokratische Herrschaft das Leben bestimmt. Erstmals 1985 veröffentlicht, zeichnet die Autorin ein beklemmendes Bild einer Gesellschaft, die auf Unterdrückung und Kontrolle aufgebaut ist.

Im Zentrum der Handlung steht Desfred, eine der seltenen fruchtbaren Frauen, die in dieser neuen Weltordnung eine zentrale Rolle spielt. Als Magd ist sie dazu verdammt, dem Kommandanten und seiner Frau Serena Joy Nachkommen zu schenken. Die Erzählung folgt ihrer Sichtweise und legt schonungslos die Tragödie ihres Daseins offen – geprägt von Einsamkeit und dem schmerzhaften Verlust ihrer eigenen Familie.

Margaret Atwoods Werk ist weit mehr als eine packende Geschichte; es ist eine scharfsinnige Analyse gesellschaftlicher Machtstrukturen und ein Plädoyer für individuelle Freiheit und für Gleichberechtigung. Mir hat das Buch sehr gefallen, da es sehr fesselt geschrieben wurde. In Rückblenden erfahren wir Stück für Stück, wie es zu diesen extremen Veränderungen der Gesellschaft gekommen ist. Wobei ich mir noch mehr Hintergrundinformationen (wie der Staat genau aufgebaut ist etc.) gewünscht hätte.

Fazit: Ein moderner Klassiker, der aufzeigt, wie fragil unser gesellschaftliches Leben ist.

Der Report der Magd von Margaret Atwood