Montag, 1. Juli 2024

Ihr wollt es dunkler von Stephen King - Rezensionsexemplar

Stephen Kings neuer Kurzgeschichtenband „Ihr wollt es dunkler“ enthält zwölf Geschichten, die unter anderem von einem Bestsellerautor handeln, der sein Erfolgsgeheimnis einem unheimlichen, überirdischen Wesen zuschreibt, einem Mann, der von einem Leichenfund träumt, oder einem Anwalt, der die Möglichkeit bekommt, für „kleines“ Geld Antworten auf jede von ihm gestellte Frage zu bekommen. (Hier musste ich sofort an Leland Gaunt aus Needful Things denken.)

Wir Leser erfahren auch, wie es Vic Trenton aus „Cujo“ nach dem Tod seines Sohnes erging.

Leider konnten mich am Ende nur zwei Geschichten überzeugen: einmal die bereits oben erwähnte Geschichte von dem Anwalt und „Die Träumenden“, in der ein Wissenschaftler versucht, hinter die Grenze zwischen Traum und Realität zu schauen. Gerade bei „Die Träumenden“ erkennt man, dass King sich von H. P. Lovecraft inspirieren ließ. Die anderen Geschichten sind in meinen Augen nichts Besonderes. Teilweise fehlt mir der Grusel, die Genialität oder einfach ein roter Faden, der uns aufzeigt, warum wir Leser „es dunkler wollen“. Es sind – bis auf die zwei, die mir richtig gut gefallen haben – ganz nette Geschichten, mehr aber auch nicht.

Fazit: Läutet King mit diesem Werk seinen Abschied ein? Dem König des Horrors fehlt es hier an Ideen und Genialität. Wir wollen es dunkler!

3,5 von 5 Sterne



Sonntag, 30. Juni 2024

Der Report der Magd von Margaret Atwood

Margaret Atwoods "Der Report der Magd" entführt uns in eine dystopische Vision der USA, umgeformt zur Republik Gilead – einem Ort, an dem Frauenrechte der Vergangenheit angehören und eine theokratische Herrschaft das Leben bestimmt. Erstmals 1985 veröffentlicht, zeichnet die Autorin ein beklemmendes Bild einer Gesellschaft, die auf Unterdrückung und Kontrolle aufgebaut ist.

Im Zentrum der Handlung steht Desfred, eine der seltenen fruchtbaren Frauen, die in dieser neuen Weltordnung eine zentrale Rolle spielt. Als Magd ist sie dazu verdammt, dem Kommandanten und seiner Frau Serena Joy Nachkommen zu schenken. Die Erzählung folgt ihrer Sichtweise und legt schonungslos die Tragödie ihres Daseins offen – geprägt von Einsamkeit und dem schmerzhaften Verlust ihrer eigenen Familie.

Margaret Atwoods Werk ist weit mehr als eine packende Geschichte; es ist eine scharfsinnige Analyse gesellschaftlicher Machtstrukturen und ein Plädoyer für individuelle Freiheit und für Gleichberechtigung. Mir hat das Buch sehr gefallen, da es sehr fesselt geschrieben wurde. In Rückblenden erfahren wir Stück für Stück, wie es zu diesen extremen Veränderungen der Gesellschaft gekommen ist. Wobei ich mir noch mehr Hintergrundinformationen (wie der Staat genau aufgebaut ist etc.) gewünscht hätte.

Fazit: Ein moderner Klassiker, der aufzeigt, wie fragil unser gesellschaftliches Leben ist.

Der Report der Magd von Margaret Atwood


Samstag, 29. Juni 2024

Der Fall Charles Dexter Ward von H. P. Lovecraft

Heute stelle ich euch einen Klassiker der Horrorliteratur vor: Der Fall Charles Dexter Ward von H. P. Lovecraft

Dieses düstere Werk, das posthum veröffentlicht wurde, erzählt die verstörende Geschichte von Charles Dexter Ward, einem jungen Mann aus Providence, Rhode Island. Er entdeckt die düsteren Geheimnisse seines Vorfahren, Joseph Curwen - berüchtigter Hexenmeister - und beginnt fortan eine unheilvolle Veränderung.

Lovecraft schafft eine beklemmende Atmosphäre, die die Leser in eine Welt voller okkulter Rituale, alter Geheimnisse und unaussprechlicher Schrecken zieht. Die Erzählung ist ein Meisterwerk der schleichenden Angst und zeigt Lovecrafts Talent, Horror mit psychologischer Tiefe zu verweben. Wenn ihr Lovecraft noch nicht kennt, ist dies eine perfekte Gelegenheit, in seine einzigartige Welt einzutauchen.

Habt ihr die Geschichte schon gelesen? Seit ihr Fans von Lovecrafts Geschichten?



Freitag, 28. Juni 2024

Das Goldene Haus von Salman Rushdie

"Das Goldene Haus" von Salman Rushdie erzählt die fesselnde Geschichte einer indischen Familie, die unter der Führung ihres Patriarchen in die USA flieht, um ein neues Leben zu beginnen. Das 70-jährige Familienoberhaupt, das sich in Anlehnung an den berüchtigten römischen Kaiser Nero Golden nennt, siedelt sich mit seinen drei Söhnen in New York an. Dort versuchen sie, sich von ihrer kriminellen Vergangenheit zu lösen und nehmen Namen aus der Antike an: Petronius, auch Petya genannt, kämpft mit Autismus und Agoraphobie; Apuleius, genannt Apu, wird ein gefeierter Künstler; und Dionysos, oder D, ringt mit seiner geschlechtlichen Identität.

Die Ankunft der Goldens weckt das Interesse ihrer neuen Nachbarn, insbesondere des Erzählers René, der Parallelen zum Erzähler Ismael aus "Moby Dick" aufweist. René, ein junger Filmemacher, sieht in der Familie Golden den perfekten Stoff für sein Lebenswerk und zieht bei ihnen ein, um ihr Leben aus nächster Nähe zu dokumentieren.

Die Leser werden Zeugen des dramatischen Niedergangs der Familie Golden, der durch lebendige und fast filmische Beschreibungen zum Leben erweckt wird. Trotz Neros dunkler Vergangenheit konnte er meine Sympathien gewinnen. Die innere Zerrissenheit der vielen Figuren wird meisterhaft dargestellt.

Rushdie nutzt eine Nebenfigur, den Joker, um den damaligen amerikanischen Präsidenten Donald Trump und seinen Wahlkampf satirisch darzustellen. Der Fall der Familie Golden spiegelt zu Teilen symbolisch den Niedergang der amerikanischen Gesellschaft.

Zusammenfassend ist "Das Goldene Haus" ein beeindruckender Roman, der einen intimen Einblick in den Untergang einer Familie bietet, die zum Scheitern verurteilt ist, und den Leser direkt ins Geschehen zieht.






Samstag, 8. Juni 2024

Das Buch vom Tee" von Kakuzo Okakura - Vorstellung

Tee hat in Japan eine tief verwurzelte kulturelle Bedeutung und ist weit mehr als nur ein Getränk. Er ist ein integraler Bestandteil des täglichen Lebens und wird bei verschiedenen Anlässen genossen, von alltäglichen Mahlzeiten bis hin zu speziellen Zeremonien. Das Buch "Das Buch vom Tee" von Kakuzo Okakura bringt uns die japanische Teekultur ein Stück näher. Das wegweisendes Werk "Das Buch vom Tee", das erstmals 1906 veröffentlicht wurde, gilt als maßgebliche Abhandlung über die japanische Teekultur.


Diese Zeremonie ist weit mehr als nur die Zubereitung des Tees, die Auswahl der Utensilien oder die Gestaltung des Raumes; sie ist eine Feier der Sinnesschärfung, der ästhetischen Perfektion und des harmonischen Bewegungsflusses, die zusammen ein lebendiges Kunstwerk erschaffen. Okakura prägte den Begriff "Teeismus" für die tiefgründige Philosophie, die dem Tee innewohnt, und veranschaulicht eindrucksvoll, wie der Tee seit dem 8. Jahrhundert in Japan kultische Bedeutung erlangte und von dort aus die Welt eroberte.

Die Neuauflage von Okakuras berühmtem Text wird durch die bezaubernden Illustrationen von Alexandra Klobouk und Eva Gonçalves bereichert und erscheint in der renommierten Insel-Bücherei.



Freitag, 7. Juni 2024

Das Kaufhaus der Träume von Lee Mi-ye - Rezension

Das Kaufhaus der Träume, in dem Penny mit großer Motivation arbeitet, ist der Hauptanziehungspunkt für die Schlafenden. Dieser fünfstöckige Holzbau ist stets voller Kunden und erfreut sich nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Tieren großer Beliebtheit. Jede Etage bietet eine andere Art von Träumen an: von teuren und beliebten Träumen über limitierte Editionen und Vorbestellungen bis hin zu allgemeineren Träumen mit alltäglichen Ereignissen. Es gibt sogar eine spezielle Abteilung für kurze Mittagsschlafträume.

Die Bezahlung im Kaufhaus erfolgt auf eine ungewöhnliche Weise: durch die Gefühle, die die Kunden nach dem Traum haben.

“Das Kaufhaus der Träume” besteht aus mehreren Episoden, die die persönlichen Geschichten der Kunden und ausführliche Beschreibungen der Traumwelt beinhalten: Eine Frau möchte z.B. nur Träume kaufen, in denen der Mann vorkommt, für den sie heimlich Gefühle hegt. Mithilfe der Träume gelingt es den Kunden, ihre Sehnsüchte zu stillen, ihre Ängste zu überwinden, oder die Ziele erreichen, die sie sich immer gewünscht haben.

Das Buch ist ein modernes Märchen über ein Thema, was viele von uns vernachlässigen, guter Schlaf und schöne Träume. Die einzelnen Episoden lassen sich sehr gut lesen. Wer hier einen großen Spannungsbogen erwartet, wird enttäuscht sein. Die Stärken dieses Buchs liegen eher im Bereich Wohlfühlen und Entspannen. Schmunzeln musste ich stellenweise, da in dieser Welt, in der die Geschichte spielt, die Träume wie Filme bzw. Bücher behandelt werden, auch im Hinblick auf das Thema, wie ich einen guten "Bestseller".

Fazit: Eine märchenhafte Geschichte übers Träumen

3,5 Sterne



Sonntag, 12. Mai 2024

Der Prozess von Franz Kafka - Vorstellung

"Der Prozess" von Franz Kafka ist ein unvollendetes Werk, das posthum im Jahr 1925 veröffentlicht wurde. Das Buch ist bekannt für seine komplexe Erzählstruktur und tiefgründige Thematik. Der Roman erzählt die Geschichte von Josef K., einem Bankangestellten, der an seinem 30. Geburtstag ohne ersichtlichen Grund verhaftet wird. Die Verhaftung stört seinen Alltag nicht, aber die Anklage bleibt bestehen, und Josef K. wird in einen kafkaesken Prozess verwickelt, dessen Natur er nie vollständig versteht.


Die Handlung folgt Josef K.s Versuchen, mit dem undurchsichtigen und bürokratischen Gerichtssystem umzugehen, das ihn angeklagt hat. Trotz der Hilfe eines Advokaten und anderer Figuren bleibt der Grund für seine Anklage unklar.

Kafkas Werk lässt sich auf viele Weisen interpretieren, vielleicht ist es aber auch "nur" Kafkas literarische Verarbeitung einer verlorenen Liebe.

Egal, wie man das Werk deuten mag, es ist ein zeitloser Klassiker, der nicht
einfach zu lesen ist, aber zum Nachdenken anregt.


Mehr zu Kafka

Samstag, 11. Mai 2024

Oliver Twist von Charles Dickens - Vorstellung

"Oliver Twist" ist einer der berühmtesten Gesellschaftsroman von Charles Dickens und erzählt Geschichte des Waisenjungen Oliver Twist, der im Armenhaus einer englischen Kleinstadt aufwächst, ohne etwas über seine Herkunft zu wissen. Seine Identität ist das zentrale Geheimnis der Geschichte.


Die Handlung folgt Oliver, der durch die katastrophalen Zustände im Armenhaus gezwungen wird, um mehr Nahrung zu bitten, was dazu führt, dass er zum Sarg-Tischler Mr. Sowerberry geschickt wird. Nachdem er von dort geflohen ist, gerät er in London in die Fänge des Hehlers Fagin und seiner Diebesbande.

Das Buch ist eine Anklage gegen das britische Sozialsystem zur Zeit der Industrialisierung, mit ihrer Kinderarbeit, den Armenhäusern und der Kriminalität.

Die Geschichte lässt sich spannend lesen und ist ein regelrechter Pageturner. Als Leser leiden wir mit Oliver mit und können oft die beschriebenen Szenen aus heutiger Sicht kaum vorstellen. Ich habe die Geschichte rund um Oliver geliebt.



Freitag, 10. Mai 2024

Die Straße der Pfirsiche von F. Scott Fitzgerald - Vorstellung

„Die Straße der Pfirsiche“ ist ein Buch von F. Scott Fitzgerald. Es erzählt von einem Morgen im Jahr 1920, als Zelda, das blonde Mädchen aus den Südstaaten, mit einem unbändigen Appetit auf Biscuits und Pfirsiche aufwacht, wie es sie nur in ihrer Heimat gibt. Daraufhin macht sich Fitzgerald zusammen mit seiner Frau und dem bereits in die Jahre gekommenen Automobil, liebevoll „Rolling Junk“ genannt, auf den Weg.

Die Geschichte ist eine Art „Roadmovie“, der die Goldenen Zwanziger ebenso anklingen lässt wie die vielschichtige Beziehung von Zelda und Scott. Die Geschichte ist voller Beinahe-Katastrophen, Pannen und Begegnungen, die das glamouröseste Paar seiner Zeit auf ihrem spontanen Weg in den Süden erlebt, wobei die Begegnungen immer recht oberflächlich bleiben.

Wer das Buch lesen will, sollte zuerst mit dem Nachwort anfangen, da hier vieles beschrieben ist, was hilft, Zelda und ihren Mann besser zu verstehen, wobei ich für keinen von beiden Sympathien hatte. Mein Lieblingsprotagonist war eindeutig das Auto.



Mittwoch, 24. April 2024

Die Stadt und ihre ungewisse Mauer von Haruki Murakami - Hörbuch

 Haruki Murakamis Roman “Die Stadt und ihre ungewisse Mauer” entführt uns in eine Stadt, die von meterhohen Mauern umgeben ist. Wer diese Stadt betreten möchte, muss seinen Schatten beim Torwächter zurücklassen. Hier lebt das wahre “Ich” eines Mädchens, in das sich der namenlose Erzähler mit siebzehn Jahren unsterblich verliebt hat.

Der Erzähler begibt sich auf die Suche nach dieser Stadt, die auf keiner Karte verzeichnet ist und nur in der Fantasie zweier Jugendlicher existiert. Dennoch gelingt es ihm, sie zu finden. In einer rätselhaften Bibliothek widmet er sich nun dem Lesen alter Träume, während sie ihn dabei unterstützt.

Später verlässt der Erzähler die Stadt und zieht nach Tokio. Doch auch hier spürt er, dass er nicht glücklich sein kann, bis ihm eine Stelle in einer alten Bücherei auf dem Land angeboten wird. Die Erinnerungen an die Stadt mit ihrer Mauer lassen ihn nicht los.

Was letztendlich die Stadt und ihre ungewisse Mauer ist, muss jeder für sich selbst beim Hören oder Lesen herausfinden. Genau hier liegt die Stärke dieses Werks. Die Geschichte kann auf viele Arten gedeutet werden. Für mich war sie eine Anspielung auf die Macht der Träume und Gedanken – eine Reise zu einem besonderen Ort, wo die Zeit keine Rolle spielt. Ein Ort, an dem man frei sein, sich aber auch verlieren kann.
Die zahlreichen literarischen Anspielungen und Erwähnungen machen einfach Spaß. Auch die eingangs erwähnte Sache mit dem Schatten ist eine wunderbare literarische Anlehnung an Peter Schlemihls wundersame Geschichte von Adelbert von Chamisso.

Der Sprecher, der großartige David Nathan, verleiht diesem besonderen Werk mit seiner Stimme zusätzliche Magie.

Fazit: Kopfhörer, hören und in die Stadt und Ihre ungewisse Mauer eintauchen, oder einfach selber lesen.